Pressemitteilung zum Vortrag
"Großauheimer Geschichte – mit Sicht auf Europäische Ereignisse"
von Frau Dr. Sabine Laber-Szillat
In ihrem Vortrag hat Frau Dr. Laber-Szillat einen großen Bogen gespannt. Von der Stein-, Bronze-, Eisenzeit, über die Ersterwähnung 806 in den Urkunden des Reichsklosters Lorsch zur Industriealisierung des Ortes. bis hin zur NS-Zeit. Nach diesem Thema NS-Zeit, sollte die Vorstellung des neuen Buches „Ein Großauheimer Kriegstagebuch 1939-1945“ von Heinrich Kurzschenkel stattfinden. Aus technischen Gründen, wurde diese Buchpräsentation vorgezogen. Herr Heinrich Hartl gab eine kurze Einführung zum Buch und weshalb eine Neuauflage erscheint. Bei Inventarisierungsarbeiten im Vereinsmagazin fand sich 2020 ein weiteres Heft der Chronik, was als verschollen galt. Dieses sechste Heft wurde zu den vorhandenen Texten angefügt und komplettiert so das Werk von Heinrich Kurzschenkel. Frau Sabine Grochowina las einige Abschnitte, u.a. auch wie die Großauheimer den Luftangriff auf Hanau am 19. März 1945 erlebten, vor. Das Buch ist für 12,00 € käuflich zu erwerben u.z. in Großauheim Cafe Rayher, Eine Weltladen und in Großkrotzenburg in der Bücherei Lesebär. Einen im Nachlass von Familie Hain gefunden Brief aus dem Jahre 1950, des Kompanieführers ihres gefallen Sohnes Ewald, las Frau Christine Theobald vor. Hierin schilderte der Kompanieführer den Angehörigen, wie es zu den tödlichen Verwundungen ihres Sohnes kam. Die technische Schwierigkeit war behoben und Frau Dr. Laber-Szillat begann mit ihrem Vortrag. Zu der vorgeschichtlichen Zeit zeigte sie einige Funde die in der Gemarkung Großauheim gefunden wurden.
Sie deuten auf eine alemannische Niederlassung auf dem Hochufer des Mains hin. Über die Römerzeit, den Alemannen die um 500 von den Franken besiegt wurden, könnte ein adliger Franke namens Ewic = der Ewige, zur Namensgebung Auheims „Ewehein“ , Oweheim“ und Auheim, beigetragen haben. Aus den Jahre 806 stammt die älteste schriftliche Erwähnung der Doppelsiedlung und zwar mit dem Namen „Ewicheim“. Damals schenkte die fränkische Adelige Irminrat dem Reichskloster Lorsch landwirtschaftlich genutzten Grundbesitz und leibeigene Bauern aus Auheim. Diese Figur hat Frau Dr. Laber-Szillat, anlässlich der 1200 Jahr-Feier Großauheims, mit einem Theaterstück und ihrem gleichnamigen Buch zum Leben erweckt. Mittlerweile gibt es die 8. Irminrat, die von Großauheimer Bürgerinnen dargestellt wird und alle zwei Jahre neu gewählt wird. Als Ortspatronin übernimmt sie für Großauheim repräsentative Aufgaben. So nach und nach entstand eine Dorfbildung, die im 12. Jahrhundert von den Herren von Eppstein (gleichnamige Taunusburg), zur Ortsherrschaft ausgebaut wurde. 1425 verkauften die Herren von Eppstein ihr Amtsrecht an die Mainzer Erzbischöfe und Kurfürsten. Aus diesem Grund befindet sich heute noch das Mainzer Rad im Großauheimer Stadtwappen. Der Dreißigjährige Krieg, die Pest und die napoleonische Kriege setzen der Bevölkerung sehr zu. An die Pestzeit erinnert heute noch das Rochusgelöbnis mit einer Prozession zum Rochusplatz. Dieses wurde 1666 von den Einwohnern gegeben, am Namenstag des Pestheiligen Rochus (16.August) eine Prozession abzuhalten. 1816 kam Großauheim durch einen Gebietstausch zum Kurfürstentum Hessen-Kassel. Die Zeiten entwickelten sich sehr turbulent. Politische Mitbestimmung und demokratische Rechte wurden gefordert. Diese wurden aber unterdrückt mit Unterstützung von Bundestruppen sog. Strafbayern. Das Verhältnis zwischen Kurfürst und Untertanen blieb zerrüttet. Zu dieser Zeit wurde ein fiktiver Brief vom Großauheimer Bürgermeister an den Kurfürsten von Frau Christel Derzbach vorgelesen. Er beschreibt deutlich die Sorgen und Nöten der Bevölkerung und bittet den Kurfürsten um Abhilfe. Der Eisenbahnanschluss 1848/1852 leitete für Großauheim die Industrialisierung ein. Es siedelte sich Gewerbe an, wie die Wolfgänger Pulverfarbik, Fabriken für die Zigarrenfertigung, Holzverarbeitung, Traktorenfabrik, Gold- und Silberwarenwerkstätte und nicht zuletzt die Eisenbahn, die der Bevölkerung zahlreiche Arbeitsplätze boten. Aus der ländlich geprägten Gemeinde entwickelte sich allmählich eine Industriegemeinde.

Der Einzelhandel blühte auf und die Gemeinde bekam eine Arztpraxis (Dr. Karl-Kihn). Kindergarten, Bank, Apotheke, Cafe und ein Kino. Die Bevölkerungszahl wuchs und die meisten zugezogenen Bürger waren Protestanten, die sich in dem katholisch geprägten Großauheim eine eigene Kirchengemeinde wünschten. 1911 entstand die Gustav-Adolf-Kirche und 1914 gab es eine selbständige Pfarrei. Auch die schulpflichtigen Kinder nahmen zu und es wurde notwendig, die dörflichen Schulen zu erweitern. Es entstand die katholisch geprägte Turmschule (heute August Gaul-Schule, 1914/1915 erbaut), die Rektorratschule (heute Alte Schule, Hans Gruber-Platz) eine höhere Knabenschule (1910-1937, ), die Evangelische Schule in der Hauptstraße (1893-1939, in diesem Jahr wurden die Bekenntnisschulen aufgelöst) und die Private Mädchen Realschule der Ursulinerinnen (1919-1939, Wiederaufnahme 1945). Die wirtschaftlichen Folgen des ersten Weltkrieges setzten der Bevölkerung, die kein geregeltes Einkommen mehr hatten, sehr zu. Nicht nur das 170 Männer gefallen waren, entließ die Pulverfabrik ihre gesamte Belegschaft, wovon viele Großauheimer betroffen waren. Diese Verhältnisse führten dazu, dass sich Großauheim zu einer sozialistisch eingestellten Arbeiterbewegung entwickelte. Die Linke teile sich in SPD und KPD. Die Bürgerlichen waren in der katholischen Zentrumspartei. Kurz vor dem Machtantritt Hitlers, hatte die KPD >32 % erreicht und die Nationalsozialisten nur 23,1 %, doch dies hatte keine Bedeutung mehr, da sie in Deutschland die Macht übernommen hatten und keine Kommunalwahlen mehr zuließen. Nach diesem letzten Punkt endete der Vortrag von Frau Dr. Laber-Szillat, der mit einer kleine Pause fast über drei Stunden ging. Trotz der langen Zeit, waren die Besucher sehr angetan und warten schon gespannt auf den zweiten Vortrag.