Exkursion zum Börner-Kreuz am 23.01.2016

Trotz der etwas widrigen Witterungsverhältnisse kamen zum historischen Ausflug zum Börner-Kreuz am Samstag den 23.01.2016, ca. 50 interessierter Großauheimer und sogar aus den Nachbargemeinden fanden sich Interessierte ein. Reiner Kargl (Vorstandmitglied des HGV-  Großauheim) konnte unter den Besuchern auch die Ururenkelin von Gothart Börner mit ihrer Tochter sowie Forstamtsleiter i.R. Dr. Dieter Müller begrüßen. Vom Parkplatz an der  B8 kamen die Teilnehmer nach etwa 10 Minuten Fußweg auf dem Holzegängerweg zur Zwergtannenschneise, in deren Bereich damals Gothard Börner Holz gefällt  hat. An dieser Stelle erklärte Reiner Kargl die Begriffe von Holzmächer, Holzegänger und vom Auheimer-Förstergericht. Holzmächer waren im 19. Jahrhundert einfache Bauersleute, die im Winter gegen Bezahlung sich als Holzfäller betätigten. Diese Arbeit war für die Bauern im Winter  überlebensnotwendig, denn in dieser Jahreszeit gab es keine Verdienstmöglichkeiten, wie dies etwa in den anderen Jahreszeiten möglich war, z.B. im Sommer Verkauf von Obst und Gemüse aus dem eigenen Anbau. Holzegänger wurden damals Auheimer genannt, die im Wald Brennholz und Tannenzapfen für den eigenen Bedarf sammeln konnten. Es waren meistens Männer, die keinem Beruf mehr nachgehen konnten sowie   Frauen und Kinder. Dem Auheimer Förstergericht oblag die Aufgabe, Vergehen in Wald- Feldmark zu bestrafen, allerdings galten Vergehen in der Wald- und Feldmark nicht als Diebstahl, da es sich um Gemeindewald handelte und man sich nicht selbst bestehlen kann. Die Straftat wurde als Frevel angesehen und vom Förstergericht gerügt. Das Auheimer Förstergericht tagte jährlich am 12. November, deshalb hieß es auch Martinigericht; u.a. wurden hier auch Beschlüsse zur die Nutzung von Wald, Wiese und landwirtschaftlicher Grundfläche gefasst. Ein Hinweisschild „Börner-Kreuz“ wies den Teilnehmer dann den Weg zur Unglücksstelle. Hier fanden sich zum Erstaunen Aller, Gothart Börner (gespielt von Stefan Gruber, Mitglied HGV Großauheim) und Revierförster Bodensohn (gespielt von Stefan Mader Vorstandsmitglied HGV Steinheim) zu einem Zwiegespräch mit Reiner Kargl ein. Die Zuschauer wurden gebeten, sich in das Jahr 1864 zu versetzen und hörten, warum ein Bauer zum Holzfäller wurde und von der Aufgabe eines Revierförsters der sich um eine nachhaltige Forstwirtschaft kümmern musste. Vielen Großauheimer ging es so wie Gothart Börner. Deshalb war der Wunsch dringend Industrie anzusiedeln groß, aber zuerst musste die entsprechende Infrastruktur entwickelt werden. Aber soweit war man 1864 noch nicht, deshalb habe die Gemeinde beschlossen, Leute wie Gothart Börner die Möglichkeit zu geben,  Sturmschäden im Wald zu beseitigen. Hiermit wurde nun „Gothart Börner“ aufgefordert, zu einem abgebrochenen Baum zu gehen und mit der Arbeit anzufangen. -Es war damals am Morgen des 12. Januar als die „Holzmächer“ beim Erlenbruch etliche Kiefern umlegen.- Mit vielen Axthieben wurde die damalige Situation dargestellt und gezeigt, wie es zum Unfall kommen konnte. Anschaulich wurde mit Hilfe von zwei Helfern „Gothart Börner“ zurückgeführt. Da es 1864 weder ein Handy noch eine Notrufnummer 112 gab und auch das Rote Kreuz erst in seinen Anfängen war, holte man ein Pferdefuhrwerk vom ca. 1400 m entfernten Neuwirtshaus und transportierte Gothart Börner nach Hause. Unterwegs am Kapellchen (heutigem Rochusplatz) verschied er. Freunde und Bekannte wollten dem auf so tragische Weise Verunglücken einen Gedenkstein setzen. Man fand am Main beim Hainal ein herrenlosen Sandsteinkreuz, in das Steinmetzmeister Johannes Klug, eine noch heute leidlich lesbare Inschrift hieb: „Gothart Börner Geb. 4.Sept.1818 Verunglückte hir am 12.Janr. 1864“. Männer brachten den Stein dann in den Wald zum heutigen Platz im Jagen 9 unseres Gemeindewaldes unweit vom Holzegängerweg, welchen er hoffentlich für immer behalten wird und dort als eine Stätte der stillen Besinnung dient.  Das Kreuz selbst, erzählten ältere Großauheimer, sei viele Jahre vorher zum Gedenken an einen Flößer, der in der Nähe des Hergerswiesengraben beim Durchqueren des hochgeschwollenen Mainflusses ums Leben gekommen sei, da er den Weg verfehlt habe, gesetzt worden. Jahrzehnte danach konnte sich niemand mehr an dieses Ereignis erinnern und der Stein lag, durch Hochwasser oder Eisgang umgerissen, lose umher und Fischer machten es sich am Feierabend darauf bequem. Erst durch den Unfall von Gothart Börner erhielt er seine eigentliche Bestimmung wieder.  Nach diesen Ausführungen von Reiner Kargl berichtete Dr. Dieter Müller über die Entwicklung der Forstwirtschaft von damals bis in die heutige Zeit. Durch die Industrialisierung wurde immer mehr Holz nachgefragt und dies verlangte fachmännische Waldarbeit. Die Waldarbeiter mussten qualifiziert ausgebildet werden und es entstanden Waldarbeiterschulen. Erst weit nach dem Zweiten Krieg wurde der Beruf des Forstwirts ein Ausbildungsberuf. Das dieser Beruf nach wie vor Schwerstarbeit ist und dies mit der Leistung eines Spitzensportlers gleichzusetzten ist, daran ließ Dr. Müller keine Zweifel. Heutzutage ist der Beruf sozial gut abgesichert und der eingeführte Zeitlohn sowie die Sicherheitsvorschriften bezüglich Arbeitskleidung,  tragen dazu bei, dass die Arbeitsunfälle weniger geworden sind. Bilder von der Arbeit der Waldarbeiter von den Anfängen der Waldarbeit bis in unsere heutige Zeit, zeigten die Entwicklung in diesem Beruf sehr anschaulich. Nach all diesen Ausführungen lud der Heimat- und Geschichtsverein alle Teilnehmer zu einem kleinen Imbiss mit Glühwein ein. Gewärmt vom Glühwein und angeregt vom Gesehenen und Gehörten, entstand sehr viel Gesprächsstoff unter den Teilnehmern und man verabschiedete sich nur ungern. Die Resonanz an den vergangenen Tagen war sehr positiv und man hofft, dass solche anschaulichen Führungen wiederholt werden.